BLOG BESCHREIBUNG
Ein Grundverständnis für die häufigsten Augenerkrankungen soll durch das Stöbern in diesem Blog gewonnen werden. Aber auch unterschiedliche Phänomene einem unserer wichtigsten Sinne sollen hier verständlich gemacht werden. Weiter unten auf dieser Seite haben Sie auch die Möglichkeit, verschiedenste Verständnisfragen das Sehen und das Auge betreffend anonym zu stellen oder ein Kommentar zu hinterlassen. Ob wir die Fragen dann beantworten oder zu den Themen von besonderem Interesse einen neuen Blogbeitrag erstellen, bleibt zunächst offen. Individuelle Fallbesprechungen bleiben natürlich weiterhin ausschließlich der Sprechstunde in unserer Praxis vorbehalten. Bitte auch nicht für Terminangelegenheiten missbrauchen!
Vielen Dank, dass Sie uns kontaktiert haben.
Frage:
Bei meinem Kind hat sich laut unserem Augenarzt die Myopie innerhalb eines Jahres von -1,0 Dpt. auf -2,5 auf einem Auge und -3,25 auf dem anderen Auge verstärkt. In dem dort angeschlossenen Optikergeschäft wurden Myosmart DIMS Gläser zur Eindämmung der Myopiezunahme unter Verweis auf asiatische Studien vorgeschlagen. Wie stehen Sie dazu?
Antwort:
Die Ursache der Myopieprogression ist noch nicht gänzlich verstanden, weshalb man gerne die Fühler ausstreckt und nach neuen Therapieansätzen sucht. Bereits seit vielen Jahren oder gar Jahrzenten wird im asiatischen Raum, aber auch in Russland oder auch der Ukraine die Meinung vertreten, dass eine Myopie immer unterkorrigiert bleiben soll, um so die Progression einzudämmen. Wir sehen immer wieder Patienten aus diesen Ländern, die mit einem Visus von 0,6 oder weniger bedingt durch die Unterkorrektur durchs Leben gehen. Hier setzen auch die Myosmart DIMS Gläser an, mit dem Unterschied, dass zentral schon auskorrigiert wird und nach peripher absichtlich unterkorrigiert wird, um so eine Defokussierung zu erreichen. Die deutschen Fachgesellschaften folgen diesen Ansätzen bislang eher nicht und sehen eher das Potential der Myopiezunahme durch eine Deprivation. So sind Tierversuche bekannt, nach denen Mäuseaugen auf Defokussierung mit Längenwachstum reagiert haben und damit myoper wurden. Man spricht von einer Deprivationsmyopie. Einerseits widersprechen sich die beiden Ansätze. Andererseits versuchen offenbar auch die chinesischen Kollegen jetzt zumindest zentral doch auszukorrigieren und nähern sich damit kompromisssuchend unserem Verständnis von Myopie und Progression. Das letzte Wort ist hier also noch lange nicht gesprochen und das Thema bleibt sicher noch lange spannend. Speziell bei Kindern bleiben wir jedenfalls zunächst bei gelerntem und bewährtem: Zwei Stunden Aufenthalt im Freien mit gutem Licht und entspanntem Blick in die Ferne und eine korrekte Refraktion in Cycloplegie. Weiteres gibt die Evidenzlage aktuell aus meiner Sicht noch nicht her. Weiter geforscht werden sollte aber unbedingt und das würde ohne neue Ideen und Ansätze nicht funktionieren.
Frage:
Was halten Sie von atropinhaltigen Augentropfen als Dauermedikation zum Verlangsamen der Myopiezunahme bei Kindern?
Antwort:
Zunächst würde es sich dabei um eine off-label Therapie handeln, da in Deutschland hierfür keine Zulassung besteht. Die Kosten und ggf. das Risiko dieser Behandlung würde also der Patient tragen. Auch ist meines Wissens kein Präparat in Deutschland verfügbar, sodass die Atropinsulfat-Augentropfen 0,01% von einer Apotheke speziell hergestellt werden müssen. Hinzu kommt, dass die Evidenzlage aus meiner Sicht eher dürftig und teils widersprüchlich ist. Der Effekt zielt zum Teil auf eine Defokussierung, was auch zu einer Deprivationsmyopie beitragen kann. Bei einer leichten Weitstellung der Pupille durch das niedrigdosierte Atropin gelangt zwar etwas mehr Licht in das Auge, was einer Myopiezunahme grundsätzlich entgegenzuwirken scheint, jedoch hat ein Aufenthalt im Freien bei Tageslicht für ca. 2 Stunden täglich einen viel größeren Effekt in diesem Zusammenhang. Vorteil: keine Medikamente!